In den letzten Jahren finden sich immer mehr Schädlinge an Garten- und Nutzpflanzen, ja sogar im Haushalt. Die Versuchung ist groß, gleich zur chemischen Keule zu greifen und Motten, Läuse und Co. mit einem Spray zu vernichten. Einfach, schnell, effektiv – erledigt.
Naja, ganz so einfach ist es leider nicht, denn einige schwerwiegende Nachteile bringen chemische Schädlingsbekämpfungsmittel schon mit sich:
Wiederkehrende Kosten und Belastung
Einfach und schnell mögen diverse Pestizide schon sein, aber die Effektivität ist zumindest zeitlich beschränkt, denn wenn nicht alle Schädlinge vernichtet wurden kommen schnell neue Tierchen nach. Somit muss regelmäßig nachbehandelt werden, denn selbst wenn man alle Schädlinge samt Larven und Eiern erwischt hat, können sich gerade im Freien jederzeit neue ansiedeln.
Gesundheitliche Schäden
Viel wichtiger als der Aufwand ist jedoch die gesundheitliche Belastung. Die diversen Gefahrenkennzeichen auf der Verpackung lassen schon mal die Augen größer werden und viele chemische Schädlingsbekämpfungsmittel sollten auch nur mit Atemschutz aufgebracht werden.
In Haus oder Wohnung möchte man so etwas dann wirklich nicht regelmäßig anwenden. Und im Garten das Obst und Gemüse damit behandeln? Selbst wenn noch Zeit bis zur Ernte ist, Rückstände bleiben immer und diese werden dann schön mitverzehrt und wer weiß, was sie im Laufe der Zeit im Körper anstellen.
Schlecht für Umwelt und Tierwelt
Aber auch bei Pflanzen, die nicht verzehrt werden und nur den Garten verschönern sollen, sind Pestizide mit Vorsicht zu genießen, denn die giftigen Stoffe gelangen in Boden und Grundwasser und belasten dadurch die Umwelt. Auch nützliche Tiere wie Igel und Vögel können Schaden nehmen, wenn sie in den Garten auf Besuch kommen.
Biologische Alternativen
Inzwischen gibt es glücklicherweise viele biologische Alternativen zur Schädlingsbekämpfung: auf Mineralstoffbasis, mit Bakterien oder anderen Mikroorganismen, auf Basis von Pflanzenextrakten wie Brennnessel oder Schachtelhalm – die Auswahl ist groß.
Leider gibt es auch hier einige Nachteile: Abgesehen von der bereits oben erwähnten regelmäßig notwendigen Anwendung, sollte auch immer ein Auge auf die Inhaltsstoffe und möglichen Nebenwirkungen geworfen werden – denn auch Bio heißt nicht immer unbedenklich.
Nützlinge statt chemischer Keule
Am sichersten, effektivsten und auch einfachsten in der Anwendung ist bestimmt der von der Natur vorgesehene Weg die Schädlinge in Schach zu halten: andere Insekten, sogenannte Nützlinge. Für jeden Schädling gibt es mindestens einen Nützling, der Eier, Larven oder das ausgewachsene Insekt als Nahrungsquelle oder Brutstätte nutzt und somit den Schädlingsbestand nachhaltig in Schach hält.
Durch den Einsatz von Pestiziden, aufgrund der Bebauung und Besiedelung durch den Menschen und durch die erwerbsmäßige Landwirtschaft wurden viele Nützlinge verdrängt oder gebietsweise ausgerottet. Wenn ihnen ein förderlicher Lebensraum geboten wird können sie einfach und schnell wieder angesiedelt werden und die Natur wieder ins Gleichgewicht bringen.
Es gibt eine Unzahl an verschiedenen Nützlingen, die diverse Schädlingspopulationen in Schach halten. Dieser Artikel konzentriert sich aber auf ein paar wichtige Nützlinge, die einige der häufigsten Schädlinge in Haus und Garten natürlich, sicher und effektiv bekämpfen.
Mottenbekämpfung durch Schlupfwespen und Brackwespen
Schlupfwespen im Haushalt
Ein Schädling, der sich vermutlich in jedem Haushalt schon einmal breit gemacht hat, ist die Motte. Vor allem die Eier der Lebensmittelmotten können unbemerkt mit dem Einkauf eingeschleppt werden, aber auch Kleidermotten nisten sich gerne in Schränken und Polstermöbeln ein und richten dort großen Schaden an.
Zur Mottenbekämpfung in Haus oder Wohnung eignen sich am besten Schlupfwespen. Diese winzigen Insekten sind Parasiten und legen ihre Eier in die Motteneier ab. Statt der Mottenlarve wächst eine neue Schlupfwespe, die neue Motteneier zerstört.
Es scheint vielleicht paradox, zur Insektenbekämpfung andere Insekten ins Haus zu lassen, aber die Schlupfwespe ist nicht einmal einen halben Millimeter groß und für Menschen und Haustiere vollkommen unbedenklich. Nach ihrem wenige Tage dauernden Leben zerfällt sie in Hausstaub, der einfach weggewischt werden kann.
Schlupfwespen können nicht fliegen und bleiben daher in der Nähe des Ortes, an dem sie ausgesetzt werden; sie stechen nicht und geben auch keine Geräusche von sich. Sobald die Mottenplage besiegt ist, verschwinden auch die Schlupfwespen wieder aufgrund der fehlenden Nahrungsquelle.
Einziger Nachteil ist die notwendige Disziplin bei der Anwendung. Die Schlupfwespen müssen über den ganzen Lebenszyklus der Motten (bis zu 15 Wochen) angewendet werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Daher sollten alle drei Wochen neue Schlupfwespen angesiedelt werden.
Im Internet findet man inzwischen einfach anzuwendende Kärtchen mit Schlupfwespeneiern, die kurz nach der Auslieferung schlüpfen und ihre Arbeit beginnen.
Schlupfwespen und Brackwespen im Freien und in Hallen
Auch im Freien kommen diverse Mottenarten vor, die Bäume und Sträucher befallen und schädigen. Aufgrund des kleinen Wirkungsradius der im Haushalt angewendeten Schlupfwespen, empfiehlt es sich, gegen im Freien lebende Motten größere Schlupfwespenarten einzusetzen (es gibt ca. 24.000 verschiedene), beispielsweise die etwas größere Brackwespe.
Aber keine Angst, auch diese ist nur ca. 4mm groß und trotz ihrer Bezeichnung als Wespe, sticht oder belästigt sie Menschen nicht. Der Vorteil der Brackwespe – abgesehen von der Reichweite – ist, dass sie nicht nur Eier sondern auch Larven befällt und tötet.
Die Brackwespe kann fliegen, aber sie dringt auch bis zu einen halben Meter in Schüttgut vor. Dadurch ist ihr Einsatz nicht nur im Freien, sondern auch in Kellern, Lagerhallen und Fabriken sinnvoll.
Raupenfliegen gegen den Eichenprozessionsspinner
Ein besonders unangenehmer Zeitgenosse ist der Eichenprozessionsspinner. Die Raupen dieses Schmetterlings leben, wie der Name bereits verrät, in Eichen. Die Raupen besitzen winzige feine Härchen, die einen Giftstoff enthalten. Gelangen die sogenannten Brennhaare auf die Haut oder in die Atemwege von Menschen, können sie leichte bis schwere Hautreizungen und sogar Asthma-ähnliche Atembeschwerden verursachen.
Der Nützling gegen diesen Schädling ist die Raupenfliege. Ähnlich wie die Schlupfwespe ist sie ein Parasit, der sich im Inneren von Larven, Puppen, aber auch erwachsenen Insekten entwickelt und diese von innen auffrisst.
Schlupfwespen gegen Apfelwickler und Pflaumenwickler
Wer kennt es nicht, ein wunderschöner Apfel, frisch gepflückt und einfach zum reinbeißen. Aber halt! Da ist ein Loch! Meistens ist es ein Apfelwickler, dessen unappetitliche Raupe sich im Inneren des schönen Apfels breit gemacht hat. Da kann einem die Lust am gesunden Apfel schnell vergehen.
Auch zahlreiche andere Obstsorten wie Birnen, Pfirsiche, Pflaumen, Kirschen und Aprikosen, ja sogar Feigen und Quitten sind häufig Opfer dieses Nachtfalters oder seines nahen Verwandten, dem Pflaumenwickler.
Im Erwerbsobstbau werden häufig Larvizide oder das Apfelwicklergranulovirus eingesetzt, gegen welches einige der Nachtfalter allerdings schon resistent sind. Mutter Natur hat aber eine Menge Fressfeinde der Apfel- und Pflaumenwickler parat, wie Vögel, Ohrwürmer, Wanzen und Schlupfwespen.
Besonders letztere eignen sich hervorragend für die Bekämpfung des Apfelwicklers, da Schlupfwespen, wie bei den oben erwähnten Motten, die Eier zerstören und nicht erst die Larven oder erwachsenen Insekten fressen.
Marienkäfer gegen Blattläuse
Egal ob bei Zimmer- oder Gartenpflanzen, Blattläuse werden immer mehr zur Plage. Sie lassen Pflanzen schnell hässlich und krank aussehen und können bei starkem Befall auch schwere Schäden anrichten.
Marienkäfer werden seit langem als gerngesehene Nützlinge gegen Blattläuse eingesetzt, da sowohl die Larven, als auch die erwachsenen Käfer die Läuse fressen. Sie werden durch den Duft der Läuse angelockt und finden so zielsicher alle Schädlinge.
Auch bei Läusen an Zimmerpflanzen können Marienkäfer und deren Larven eingesetzt werden. Man darf sich nur nicht daran stören, für einige Zeit die kleinen Käfer als Mitbewohner zu haben. Sobald die Läuse vernichtet sind, können sie vor die Tür gesetzt werden.
Übrigens frisst auch der Ohrwurm liebend gerne Blattläuse und Schmetterlingseier, also sollte auch dieser Genosse nicht getötet, sondern gefördert werden.
Der richtige Marienkäfer
Leider gibt es auch eingeschleppte Marienkäferarten, die eher zu den Schädlingen als zu den Nützlingen gehören. Vor allem der asiatische Marienkäfer verdrängt zunehmend heimische Arten. Man erkennt ihn aufgrund seiner sehr kleinen eher nach Flecken aussehenden, ausgefransten Punkten.
Auch der asiatische Marienkäfer frisst Blattläuse, sogar bis zu fünfmal mehr, als heimische Arten. Aber er vergreift sich auch allzu gerne an Blättern, Obst und Gemüse. Manchmal ärgert er sogar Menschen mit seinen Bissen. Daher sollte trotz seiner Effektivität eher auf ihn verzichtet werden.
Nützlinge ansiedeln
Durch das Internet findet man die geeigneten Nützlinge für jede Schädlingsplage bereits bequem über Smartphone, Tablet und Co. Während manche Nützlinge als Eier oder Larven bereits bei großen Online-Händlern erhältlich sind, bekommt man eine größere Auswahl inklusive nützlicher Informationen bei spezialisierten Webseiten.
Vor allem die Nützlinge gegen häufig vorkommende Schädlinge sind üblicherweise relativ preiswert, ein Vergleich auf verschiedenen Seiten lohnt sich aber jedenfalls.
Es muss auch nicht erst auf eine Schädlingsplage im Garten gewartet werden, um Nützlinge anzusiedeln. Auch als vorbeugende Maßnahme können Nützlinge jederzeit im Garten ausgesetzt werden.
Nützlingspflege
Nützlinge sind also effektiv und effizient im Kampf gegen Schädlingsbefall, es hilft aber nichts haufenweise Nützlinge in Haus und Garten zu importieren, wenn sie dort keinen adäquaten Lebensraum finden.
Im Garten sind Nützlingshotels eine gute Möglichkeit, den angesiedelten Insekten einen geeigneten Lebensraum zu bieten oder diese sogar von selbst anzulocken. In den heutigen durchgeplanten und hochgestylten Gärten finden diese nämlich oft keinen geeigneten Unterschlupf und keine sicheren Nistplätze.
Auch Laubhaufen und Holz, die im Garten liegen gelassen werden, bieten hervorragenden Unterschlupf für nützliche Insekten – vor allem im Winter. Auch die schneckenfressenden Igel freuen sich über ein solches Winterquartier.
Chemische Pflanzen“schutz“mittel sind ein absolutes No-Go. Denn oft leiden die Nützlinge viel mehr unter den giftigen Inhaltsstoffen als die Schädlinge, die sogar schon Resistenzen gegen diverse Pestizide entwickelt haben.
Nützlinge die sich ins Haus verirrt haben sollten nicht getötet, sondern eingefangen und wieder in den Garten gebracht werden. Wer die krabbeligen Gefährten nicht anfassen will (was sicher auf viele zutrifft), sollte das Insekt auf ein Blatt Papier locken und ein Glas darüberstülpen. So lässt sich auch die hässlichste Spinne retten.
Fazit
Mutter Natur hat das ideale Schädlingsbekämpfungsmittel bereits erfunden: Nützlinge sind kostengünstig und belasten Umwelt und Nahrung nicht mit Schadstoffen. Sie sind langfristig effektiv und effizient und bringen wieder ein natürliches Gleichgewicht in den Garten.
Kommentar hinterlassen zu "Nützlinge gegen Schädlinge"